Ich bin ein amtierender Herzkasper. Deshalb brauche ich regelmäßig Medikamente.
Leider hat mein Hausarzt mal wieder Urlaub und ich muß zu seiner Vertretung gehen.
Schreck lass nach, da wartet man stundenlang im Wartezimmer, während ich bei meinem Scholbi nur anrufen muss und sofort das Rezept rausholen kann.
Tja, da muß ich wohl oder übel in den sauren Apfel beißen. Ich hasse langes Sitzen in Wartezimmern!
Man kommt rein und sagt: "Guten Tag." Alle murmeln halbaut zurück: "Tag" Oder Hrwm oder irgend eine andere unverständliche Silbe. Denn jeder ist hier still mit sich selbst beschäftigt.
Ich setze mich leise. Am Tresen hatte ich mir 2 Maom-Bollos geklaut, die ich nun auspacke.
Beim Geräusch des Bonbonpapiers zucken einige Leute nervös zusammen, denn die heilige Stille wird durchbrochen. Ich fühle mich sofort schuldig und überlege, ob es wohl gestattet ist laut zu atmen?
Die Athmoshäre im Wartezimmer ist eindeutig dämonisch aufgeladen. Es kriebelt und kribbelt so komisch in der Luft. Man denkt über seine unheilbare Krankheit oder über die Krankschreibung nach. Und das sehr konzentriert und intensiv.
Bloß keinen Blick nach links oder rechts wagen. Und ja kein lautes Wort zu seinem Nachbarn!
Die eiserne Stille ist gefälligst einzuhalten, sagt der Wartezimmerdämon höhnisch und unsichtbar in den Raum hinein.
Alle haben ihn verstanden und gehorchen willenlos. Er ist hier nunmal der Chef!
In mir rebelliert es leise. Ich mahle mir aus kackfrech und laut etwas in den Raum hineinzusagen: "Langweilig und still hier, wenn Keiner was sagt, oder?"
Eigentlich habe ich nichts zu verlieren und wer sollte mir hier schon etwas antun, denke ich so vor mich hin, aber ich bleibe dennoch still und stumm und ärgere mich über den Wartezimmer-Dämon.
Das Rezept ist fertig. Lächelnd und freundlich bringt mir die Sprechstundenhilfe den begehrten Zettel herein und ich bin froh und glücklich, daß es so schnell ging.
Als ich draussen auf mein Moped steige denke ich: "Was bist Du doch für eine feige Sau!"
Der Wartezimmer-Dämon blickt mir triumpfierend und höhnisch hinterher als ich Gas gebe und diesen Ort in feiger Flucht verlasse...
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