Bekehrung

 Absturz von der Lobpreisleiter

Von Ralf Förthmann



Ich will euch die Geschichte vom Absturz von der Lobpreisleiter erzählen, deshalb fange ich mit der ersten Sprosse der Leiter an.

Man kennt unter Christen ja die Geschichte von der Jakobsleiter im alten Testament, an der Engel aus dem Himmel auf- und abstiegen.

Eine Leiter, die Himmel und Erde verbindet. 

Das war offensichtlich keine natürliche Leiter, die bis zum natürlichen Himmel heraufragte, sondern eine geistliche Leiter in der unsichtbaren Welt, die den Himmel Gottes mit der natürlichen Welt verband.

Geheimnisvoll irgendwie. Dem alten Jakob gruselte ein wenig davor und er fürchtete sich.

Er nannte diesen Ort Bethel, „Haus Gottes“ und dachte: „Hier sind die Pforten des Himmels!“


Meine persönliche Himmelsleiter

Meine persönliche Himmelsleiter begegnete mir das erste Mal 1976. Sylle (Meine Freundin) und ich waren bei Horst und Regina zu Gast, unseren alten Kumpeln aus der wilden Drogenzeit. 

Sie waren jetzt Christen geworden und texteten uns regelmäßig mit Bibelsprüchen zu. Trotzdem fühlten wir uns sehr zu ihnen hingezogen. Ihr frommer Trip nervte uns zwar ziemlich, aber ihr neues Interesse an unserem Wohlergehen schien echt zu sein. Neuerdings umarmten sie uns bei jeder Begrüßung und jedem Abschied. Nach einer Weile gewöhnten wir uns daran und konnten das nächste Treffen kaum abwarten.

Bei Horst und Regina stand immer eine Gitarre herum, die ich sofort zur Hand nahm.

Regina strickte und erzählte von Jesus, unserem Heiland und Retter, während ich auf der Gitarre klimperte.

Irgendwie war die Atmosphäre im Raum sehr heimelig und gemütlich. Es war alles so friedlich und nett.

Während ich auf der Gitarre klimperte, spürte ich eine kreative Kraft durch meine Hände und Finger fließen.

Irgendwie konnte ich viel phantasievoller und besser spielen als sonst. 

Mir fiel auf, dass ein Zusammenhang zwischen der friedlichen und hellen Atmosphäre im Raum und meinem Gitarrenspiel bestand. Als ob der Einfluss von Reginas Geschichten über Jesus mir in die Hände gefahren wäre wie ein schwacher, elektrischer Strom oder eine andere geheimnisvolle Kraft. 


In den nächsten Monaten verbrachten wir viel Zeit mit Horst und Regina, die uns ständig damit bearbeiteten, unser Leben doch endlich in Gottes Hände zu legen und Jesus als Herrn anzunehmen. 

Eines Tages kam mir ein Gedanke, als Regina und Horst mal wieder über ihren Jesus erzählten: „Ich bin ja auch auf der Suche nach Gott“, dachte ich, „nur auf einem anderen Weg“. „Aber wenn dieser Jesus auch ein Weg zu Gott ist, wie meine transzendentale Meditation, Buddha oder andere spirituelle Wege, warum bin ich denn eigentlich immer so aggressiv ausschließlich gegen das Christentum? Wenn Jesus auch ein Weg zu Gott ist, dann kannst Du Dich doch dafür öffnen und einfach auch von diesem Weg profitieren. Selbst wenn Du nicht glaubst daß Jesus der EINZIGE Weg zu Gott ist, wie Deine Freunde immer behaupten“?

Irgendeine unsichtbare Mauer in mir schien sich in diesem Moment in Luft aufzulösen und ich hörte gespannt weiter zu, als Regina weiter über ihre neue Beziehung zu Gott sprach, während sie strickte. 

Eine warme Welle spürbaren Glücks durchflutete mich plötzlich und ich wurde innerlich leicht und fröhlich. Ich fühlte mich plötzlich so geborgen und zu hause. Es war ein Gefühl wie am Samstagabend nach dem wöchentlichen Wannenbad, wenn wir in der Dämmerstunde im Dunkeln am alten Blaupunkt Radio saßen um „Musik für junge Leute“ oder ein Hörspiel zu hören, während das Licht aus der Rückseite des Radios helle Punkte auf die Tapete malte. Eingekuschelt bei Mama auf dem Sofa mit den bunten Wollkissen. Später wusste ich, daß dieses Gefühl einfach nur die wunderbare Nähe Gottes war. Die spürbare Gegenwart des heiligen Geistes. Ich wunderte mich, sagte aber nichts zu meinen Freunden darüber. Dazu war das alles noch viel zu neu und unerklärlich für mich.


Meine Sylle war schneller als ich. Sie begegnete Jesus in einem Gottesdienst, währenddessen ich schmollend zuhause blieb. „Wenn Du in diesen blöden Gottesdienst gehen willst, dann geh doch“, hatte ich Sylle angeschnauzt, als sie mich fragte, ob ich etwas dagegen hätte oder mitkommen wolle. Wir wohnten zu dieser Zeit zusammen in einem winzigen Zimmer bei Sylvias Eltern in der Gretchenstraße 24. 

In meinem Kopf waren noch zu viele Zweifel und Durcheinander und ich hatte Angst vor öffentlichen Veranstaltungen mit diesen verrückten Christen. Irgendwo musste doch ein Haken an der Sache sein und ich wartete lieber noch ab.

Als Sylvia an diesem Abend nach hause kam sah ich sofort, dass sich in ihrem Leben etwas Dramatisches ereignet hatte.

Sie sah so anders aus, als sie durch die Tür des kleinen Zimmers bei ihren Eltern kam, in dem wir zusammen wohnten. Etwas Heiliges, Leuchtendes schien sie zu umstrahlen.

Ich stand auf und sie sah mich von oben bis untern an.

Ich fühlte mich elend und dreckig, wie mit einem unsichtbaren, ekeligen Matsch überzogen.

Dann sagte sie zu mir: “Ralf, ab jetzt gehöre ich nicht mehr Dir sondern Jesus!“ Dabei funkelten ihre Augen mich entschlossen an. 

Ich ging wie betäubt erstmal auf die Toilette und sah mich im Spiegel an. Keine Spur von Dreck auf der Haut, aber ein elender, kranker und verkommener Sünder sah mich im Spiegel an.

Mein ganzes Leben war irgendwie verdreht und völlig sinnlos. Ich glaubte immer etwas Besonderes gewesen zu sein und die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben. Natürlich kannte ich den Weg zu Gott viel besser, als diese „Jesus-Spinner“ mit ihren vielen hohlen Bibelsprüchen! So dachte ich damals.

Als Sylle und ich an diesem Abend schlafen gingen, gab es eine unsichtbare, aber völlig klare Trennlinie in unserem Bett. Ich wagte es nicht, die Hand wie üblich nach ihr auszustrecken. Etwas Heiliges umgab sie, dem sie nun ganz gehörte.


Ich zog noch am nächsten Tag in ein Zimmer im Annastift über dem Wohnheim für Schwerbehinderte, wo ich meinen Zivildienst absolvierte.



Ein Wendepunkt – Begegnung mit der dunklen Seite


Horst, Harald und ich saßen gemütlich beisammen. Wir hatten "Gebetsgemeinschaft". In der letzten Zeit passierte das häufiger. Nachdem meine christlichen Freunde alles versucht hatten, mich zum Glauben zu bekehren, und alle ihre Argumente aufgebraucht waren, und ich auf alle ihre "Beweise" und "Erfahrungen" mit "Gegenbeweisen" und "Gegenargumenten" geantwortet hatte, blieb das immer als ihr letzter Ausweg: "Wollen wir nicht zusammen beten?"


Ich hatte nichts dagegen. Schließlich wollte ich Gott auch immer besser kennen lernen und stärker erfahren. Zwar hatte ich ein völlig anderes Verständnis und Bild von Gott als sie (mein Gottesbild war von Esoterik, indischer Meditation und Okkultismus geprägt), aber das war für mich kein Problem. Wenn sie mit Jesus sprachen, schloss ich einfach meine Augen und meditierte. Ich dachte an das Mantra, das ich von meinem Guru bekommen hatte, und öffnete mein Herz für "Gott." In meiner Philosophie führten alle Religionen der Welt sowieso zu ein und demselben Gott. Ob er nun Allah oder Jehova hieß, Nirwana oder kosmisches Bewusstsein. Ob ich nun Buddha, Mohammed oder Jesus folgte, daß spielte für mich keine Rolle. Wir würden uns eines Tages alle an derselben großen, goldenen Tür treffen und lachend feststellen, daß wir auf verschiedenen Wegen, wenn sie nur konsequent gegangen wurden, zu dem selben Ziel gekommen waren. Für mich gab es kein "richtig" oder "Falsch", kein "Gut" und kein "Böse". Alles war eins und alles war Gott.

Ich mochte diese Gebetsgemeinschaften lieber, als das ewige diskutieren um den richtigen Weg. Sollten die Christen doch mit ihrem Jesus glücklich werden. Ihre "Bekehrungsversuche" gingen mir auf die Nerven und es machte mich aggressiv, wenn sie behaupteten, Jesus sei der einzige Weg zu Gott. Wenn wir zusammen beteten, konnte ich mich so richtig von der Diskussion erholen und das tat ich jetzt auch.


Plötzlich geschah etwas Eigenartiges. Horst sprach im Gebet einen Satz aus, der die ganze entspannte Atmosphäre schlagartig änderte: "Satan, ich binde dich und befehle dir, in Jesu Namen, diesen Raum sofort zu verlassen!" Die Worte trafen mich wir Hammerschläge. Ich hatte das Gefühl, daß sie wie spitze Pfeile aus Horsts Mund kamen und mein Herz durchbohrten. Die ganze Luft schien plötzlich mit Bosheit aufgeladen zu sein. Das war ja wie im Horrorfilm! Horst und Harald schienen irgendwie meine erschreckte Reaktion wahrzunehmen und fingen an, für mich zu beten. Es geschah alles in wenigen Augenblicken. Während Harald betete: "Zeig es ihm, Herr, zeig es ihm, „ schienen seine Hände rötlich von innen zu glühen. Ich hatte eine fürchterliche Angst und geriet zusehends in Panik. Der eigentliche Grund dafür war folgender: Während Horst im Namen Jesu befahl, öffnete Gott mir die Augen, und ich wusste, daß der Teufel nicht irgendwo in einer Ecke des Raumes war, sondern direkt in der Mitte meines Herzens saß, und daß ich ihm gehörte! Ich war voller Finsternis! Nicht Gott erfüllte mein Herz, sondern eine böse Macht. Fluchtartig stürmte ich aus dem Zimmer und rannte in die Küche. Dort brach ich zitternd und weinend zusammen. Während mein Kopf auf der geöffneten Backofenklappe lag und meine Tränen sich mit den Kuchenkrümeln vermischten, hörte ich Horst im Nebenraum weiter beten. Er dankte Jesus für seine Macht und betete für meine Befreiung. Er war nicht mehr zu bremsen. Diesmal waren seine Worte nicht düster und bedrohlich, sondern kamen mir vor, wie ein Strom silbernen Lichts. Etwas Dunkles mußte mein Leben verlassen. Ich sah einen Dämon einige Meter über mir in der Luft schweben. Er war vielleicht ein bis zwei Quadratmeter groß. Ich sah nur sein Hasserfülltes, ausgezehrtes und zugleich leidendes Gesicht und wusste: Dieser Bursche hatte mich gesteuert. Er hatte in mir gewohnt. Doch jetzt mußte er gehen!


Ich brachte an diesem Tag noch kein Übergabegebet an Jesus als den Herrn meines Lebens über die Lippen. Aber in meinem Herzen wollte ich nur noch ihm gehören. Er hatte mir die geistliche Realität überdeutlich gezeigt. Ich wusste, es gibt nur einen wahren Gott und es gibt wirklich einen Teufel und Dämonen. Ich wusste, es gibt nur einen Weg zu Gott – Jesus. Ich wusste, es gibt Licht und Finsternis und ich konnte sie seit diesem Tag deutlich unterscheiden. Und ich wusste, ich würde Jesus nachfolgen.



Das erste Gebet


Ich saß in meinem winzigen Zimmer im Annastift, welches ungefähr zwei Meter breit und vier Meter lang war. Im Vorraum gab es ein Waschbecken und einen Kleiderschrank, im Hauptraum hatte ein Bett, ein Sofa und ein kleiner Tisch Platz. Und es gab ein Regal für meine Stereoanlage mit den selbstgebauten Lautsprecherboxen, die ich zusammen mit Harald angefertigt hatte. 


Mir gingen die ganzen Jesusgeschichten im Kopf herum und ich dachte über meine esoterische Philosophie nach. Langsam sprach ich die Namen meiner Gurus und Freunde vor mich hin: Maharishi Mahesh Yogi, Guru Maharadj Ji, Timothy Leary, Horst, Regina, Sylvia und Jesus. Bei dem Namen Jesus hatte ich den Eindruck als würde sich meine Zunge irgendwie verdrehen und ich musste mir richtig Mühe geben, um ihn überhaupt aussprechen zu können. Ich wunderte mich über diesen Namen und das komische Gefühl dabei. Ich rezitierte die Namen langsam und bedächtig von vorn und bemerkte eine seltsame Freude, als ich beim Namen Jesus angekommen war, den ich immer am Schluß aussprach. 

Ich wiederholte den Satz mehrmals und mir wurde bewusst, daß ich den Namen Jesus nur mit einer gewissen seelischen Anstrengung und sich steigernder Freude aussprechen konnte. „Was für ein merkwürdiger Name“, dachte ich im stillen. „Es muss irgendetwas ganz Besonderes an diesem Namen dran sein“.


Dann erinnerte ich mich daran, wie meine Freunde immer zu ihm gebetet hatten und wagte einen Versuch: „Lieber Herr Jesus, wenn es dich wirklich gibt und wenn du tatsächlich existierst und immer noch lebst, dann möchte ich dich gern kennen lernen. Und wenn du mir auf eine Weise zeigst ,die ich verstehen kann, daß du wirklich da bist, dann sollst du auch der Herr in meinem Leben sein und das vollständige Sagen über mich haben. Dann bin ich auch dazu bereit mein ganzes altes Leben in den Tod hinein zu geben!“

Kaum hatte ich diese Worte ausgesprochen, da erfasste mich eine unbekannte Welle voller Freude und Glück und durchströmte spürbar meinen ganzen Körper und mein ganzes Sein. Ich lief innerlich über vor Freude und reinem Glück!

Meine Hände schienen von innen mit einem hellen Licht zu leuchten und ich betrachtete sie verwundert. Alles im Raum schien plötzlich ein helles Licht auszustrahlen. 

Mein Blick fiel durch die Balkontür auf die Bäume und Büsche draußen vor dem Haus. Auch die ganze Natur schien von innen heraus zu strahlen.

Ich fasste es nicht mehr was mit mir geschah und ich betete voller Begeisterung immer weiter. „Danke lieber Herr für dein wunderbares Licht! Danke für die wunderbare Natur!

Danke für meine lieben Freunde, die mir von Dir erzählt haben!“


Und so floss es immer weiter aus mir heraus. Als mir nichts mehr einfiel wofür ich Gott noch danken konnte, fing ich an ihm für Tisch und Stühle, Bett und Sofa zu danken und für alles was ich sah oder mir nur irgendwie einfiel. Eben für die ganze Schöpfung Gottes.

Im Hintergrund lief eine Platte von Santana – sein Erstlingswerk „Jingo“. Ich stand auf um zur Musik zu tanzen während ich immer weiter betete. 

Und weil der liebe Carlos Santana Jesus noch nicht kannte setzte ich mich nach einer Zeit wieder hin und betete dringlich zu Gott, daß er doch auch so wie ich gerettet werden möge. Denn Gott hatte mein Gebet erhört und war mir auf gewaltige Art und Weise begegnet. Er war tatsächlich real und lebte nun in mir. Ich hätte vor Freude platzen können! Und dieses Erlebnis wünschte ich nun jedem Menschen auf der ganzen weiten Welt. 


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