Zimmer 20 und die Lobpreismusik.
Zu der Zeit als ich zu Jesus fand arbeitete ich als Zivildienstleistender Im Annastift auf der Frauenstation im Wohnheim für Schwerstbehinderte.Einige der behinderten Frauen waren lebendige und engagierte Christen, die mich schon lange auf dem Kiecker hatten und für mich beteten.
Sie wohnten zusammen in Zimmer 20 und hießen Ilona, Siggi, Helga und Heike.
Immer wenn ich dieses Zimmer versorgen musste, bemerkte ich daß die Atmosphäre hier irgendwie anders war als in den restlichen Zimmern - ich kam oft zutiefst deprimiert und voller schlechter Gefühle und Gedanken morgens hinein und wurde durch das fröhliche Wesen und die Lust am Leben die die Bewohnerinnen versprühten angesteckt, so daß es mir danach viel besser ging und ich selber gut gelaunt und fröhlich wurde.
Dort lief auch ständig ein Kassettenspieler mit christlicher Musik von Manfred Siebald oder den Leuten der Teestube "Jesustreff" wie Markus Egger, Bernd Draffehn oder Max Grischka im Hintergrund. Besonders die Lieder der Teestubenleute (alle im Dunstkreis der christlichen Rockband Semaja) erreichten irgendwie mein Herz, obwohl ich der Botschaft sehr kritisch gegenüber stand.
Das anhaltende Gebet von Zimmer 20 für mich hatte sicher einen großen Anteil an meiner Hinwendung zu Jesus und nachdem ich Christ geworden war ging ich um so lieber in dies Zimmer - nicht nur um die Bewohnerinnen zu pflegen, sondern auch um zu quatschen und über meinen neuen Glauben auszutauschen.
Ilona, eine Patientin mit Muskelschwund, hatte einen besonders intensiven Glauben und eine besondere Liebe zur Musik. Sie spielte Gitarre, verschiedene Blockflöten und sang auch im Kirchenchor des Annastifts. Durch die Behinderung fehlte ihr völlig die Kraft in den Beinen und auch die Arme waren nicht zu vielen Dingen zu gebrauchen. Ich legte ihr die Gitarre auf den Schoß, platzierte die Hände an die richtige Position und sie griff (Im Stille von Jeff Healey) von Oben auf die Saiten und zupfte mit der anderen Hand was aber recht beschwerlich war. Und so sang das Zimmer 20 zusammen christliche Lieder.
Da ich ein paar Akkorde auf der Gitarre konnte wurde ich bald von Ilona angestellt die einfachen Lieder mit 2 oder 3 Akkorden zu begleiten, was mir schnell ganz gut gelang.
Ich verbrachte oft meine Pausen in Zimmer 20 und sie sangen gemeinsam Lobpreislieder, während ich dabei die neuen Akkorde auf Ilonas Gitarre lernte. Ich selbst konnte ja nicht mitsingen weil ich total mit den Akkorden beschäftigt war - dazu zu singen hatte ich oft genug versucht und war kläglich gescheitert.
Eines abends klagte ich Ilona mein Leid: "Ich finde es doof, nur Gitarre spielen zu können, während ihr am singen seid. Das macht mir einfach keinen Spaß mehr!" Ilona antwortete: "Versuch doch einfach mal beim Gitarrespielen mitzusingen, daß ist gar nicht schwer". Ich kann nicht gleichzeitig spielen und singen", gab ich zurück, "daß habe ich schon jahrelang erfolglos versucht". "Versuch es doch trotzdem noch mal, Du kannst das", war ihre Antwort. "Nein, ich kann es eben nicht"! gab ich schon halb entrüstet zurück. "Doch Du kannst!" beharrte Ilona hartnäckig auf ihrer Meinung. "OK", antwortete ich mürrisch, "damit Du mir glaubst, daß es eben nicht geht, versuche ich es Dir zuliebe eben noch mal". Wir suchten ein einfaches Lied aus, ich nahm die Gitarre und spielte , machte meinen Mund auf.... und konnte singen!
Ilona strahlte mich an wie ein Honigkuchenpferd und feixte grimassierend über mich. Seitdem konnte ich gleichzeitig singen und Gitarre spielen.
Schnell lernte ich mehr und mehr Lobpreis und Anbetungslieder - auch anspruchsvollere - und entwickelte mich kontinuierlich weiter. Die Anbetung Gottes mithilfe von Liedern wurde mir zur Kraftquelle und zum Lebenstil und ich erlebte die Kraft des heiligen Geistes am stärksten in diesen privaten und öffentliche Zeiten des Lobpreises. Ohne Ilonas Glauben an Jesus wäre das nicht möglich gewesen. Und für mich war es ein Wunder Gottes.
Ilona (li.) und Siggi |
5 Kommentare:
Ich erinnere mich an die Dienstage im Annastift. Ab 73 halfen Leute aus der Teestube Jesus-Treff mit in der sogenannten Kakaostube für jüngere Bewohner, bzw. hinterher in der Annastift-Teestube. Auch nahmen wir soviel Teilnehmer, wie möglich, mit zu den Gottesdiensten im Jesus-Treff. Ein oft schwieriges Unterfangen, viele mußten auf einen Termin warten, es fehlte an Transportkapazität. Auch auf Freizeiten waren manche von uns dabei. Unvergessen Schwester Else`s Engagement. Dort lernte ich auch Ralf kennen ...
Matthias Sesselmann
Jau, Schwester Else - an die erinnere ich mich auch noch gut :-)
Ach ja - Ilona, Sigrid, Helga und natürlich Heike !
Wir werden uns wiedersehen in der Ewigkeit, so, wie wir Jesus Christus gegenüber treten werden! Alle, die Christus angenommen haben, werden Gott von Angesicht zu Angesicht sehen. Als Philippus fragt: "Zeige uns den Vater ...", antwortet Jesus: "So lange bin ich schon bei euch zusammen, und trotzdem hast du mich noch nicht erkannt, Philippus? Wer mich gesehen hat, der hat den Vater gesehen ..." (Luk 14, 8-11)
Matthias Sesselmann
Auf Ilona freue ich mich schon sehr ;-)
Siggi, Helga und Heike kann man wahrscheinlich noch hier unten treffen...
Tja - ich hatte lange nichts von unseren Geschwistern gehört! Umso besser, es freut mich, dies zu hören ... MS
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