Anders Breivik, der Attentäter von Oslo, ist mit großer Wahrscheinlichkeit kein Psychopath sondern ein "Normaler" wenn man den Definitionen des bekannten Psychiaters Manfred Lütz folgt. Der schreibt in seinem Buch "Irre" (Wir behandeln die Falschen - unser Problem sind die Normalen) daß selbst Hitler oder Stalin nicht psychisch krank waren, weil psychisch Kranke gar nicht in der Lage gewesen wären über Jahrzehnte eine solche "Führungsleistung" zu erbringen. Das was sie "geleistet" haben war monströs und abartig - aber sie waren nicht gerichtsverwertbar schuldunfähig wie z.B. ein Schizophrener, der auf Grund von befehlenden Stimmen jemand tötet.
Anders Breivik ist höchstwahrscheinlich voll schuldfähig, nach allem was die Medien bisher über ihn bekannt gemacht haben. Das ist ja gerade das Erschreckende an dem Fall, daß jemand aus der Mitte der Gesellschaft, sozusagen einer von uns, zu einer solchen Tat fähig ist. Ein unauffälliger intelligenter Student mit Vorliebe für rechtspopulistische, antiislamische Internetseiten und Foren, wie es sie auch bei uns in Deutschland gibt. Man denke nur an Politically Incorrect, einen sehr bekannten Blog der sich hauptsächlich der Islamkritik widmet. Ich denke gegen Islamkritik ist grundsätzlich nichts einzuwenden, so lange sie sachlich bleibt und nicht zur Hetzpropaganda entartet. Auch die christlichen Kirchen und Freikirchen müssen Kritik und bisweilen Spott und Häme ertragen können. Warum sollte man den Islam besser behandeln?
Der Attentäter soll ein "fundamentalistischer Christ" sein, was immer das den Berichterstattern bedeuten mag. Nähere Hintergründe dazu sind die Medien bislang schuldig geblieben. Allein die Tatsache, daß sich jemand als verspäteter Tempelritter begreift muß noch lange keine Beziehung zu einer christlichen Gemeinschaft bedeuten. Er soll ja ein isolierter Einzelgänger sein. Ich halte es allerdings durchaus für möglich daß falsch verstandenes christliches Gedankengut ihn beeinflusst haben könnte. Sogenannte "Templer" sind mir in den weiten des Internet auch schon in Deutschland begegnet.
Aber ist rechtspopulistische Propaganda und Islamfeindlichkeit mit einem Hauch christlicher Ideologie und der Genuss von Ballerspielen fähig jemanden dermaßen zu radikalisieren, daß er kalt lächelnd und offenbar mit Genuss einen Massenmord begeht?
Die Medien überschlagen sich ja schon mit allerlei versuchten Deutungen und möchten ihn gern zum unzurechnungsfähigen Psychopathen erklären um der allgemeine Hilflosigkeit und Ratlosigkeit zu begegnen. Aber dieser Anschlag wird möglicherweise für immer unerklärlich bleiben.
Wir hätten alle gerne eine nachvollziehbare Erklärung für diese Untat - aber möglicherweise IST sie eben völlig unerklärlich! Wir würden gern eine gesellschaftlichen Gruppe zum Sündenbock machen um dieses Gefühl der unerklärlichen Bedrohung loszuwerden. Ein Sündenbock macht sich immer gut um nicht weiter über die Fehlentwicklungen in der Gesellschaft oder Kirche nachdenken zu müssen. Oder über unsere eigenen Vorurteile und falschen Denkweisen.
Anders Breivik fühlt sich nach der Tat unschuldig und begreift sich als unser Retter vor dem Islam. Ist er möglicherweise einfach nur dämonisiert? Ist seine Gedankenwelt dermaßen vom personalen Bösen beeinflußt, daß er nur eine Art Marionette des Teufels ist? Ich kalkuliere diese Möglichkeit jedenfalls ein. Aber wissen kann ich überhaupt nichts. Nur spekulieren.
> Ein vergessener Aspekt: Der Mörder war Freimaurer
> Ist Anders Breivik ein christlicher Fundamentalist?
4 Kommentare:
Das Buch von Manfred Lütz gefällt mir ja auch. Und ich stimme auch mit ihm überein, dass Hitler und Stalin keine Psychopathen gewesen sein können, da sie eben über Jahre hin agieren konnten. Aber genau das trifft ja auf den Attentäter von Norwegen nicht zu.
Wenn ich den Attentäter also als Psychotiker bezeichne, mache ich mir die Dinge nicht erklärbar. Es wird nur deutlich, wohin psychotisches Denken führen KANN. Wozu es in gegen diesen Fall "harmlosen" Fällen geführt hat, haben wir ja selbst erlebt. Und das ging auch nicht ohne Wunden ab.
Die Konsequenz für mich liegt darin, psychotisches Denken im Alltag als solches zu bezeichnen und, wenn es zu einer Störung kommt, auch auf eine Behandlungsbedürftigkeit hin zu weisen. Eine psychiatrische Behandlung darf nicht ein Tabu oder das allerletzte Mittel der Wahl sein.
@Det: Breivik war in der Lage die Attentate 9 Jahre lang zu planen und intelligent genug sich Tonnen von Kunstdünger zu beschaffen, was normalerweise hätte auffallen müssen. Auch das Auto mit der Bombe zu plazieren erforderte sicher Einiges. Man konnte bisher nicht klären, wie das überhaupt möglich war. Dann die 1500! Seiten seines Manifestes. Ich glaube nicht das ein Psychotiker in der Lage gewesen wäre, so ausdauernd daran zu arbeiten.
Dann die kriminelle Ernergie um ca. 300000 € beiseite zu schaffen.
Wenn er behandlungsbedürftiger Psychotiker gewesen wäre hätte doch ein großer Leidensdruck bestehen müssen, der das ausdauernde Arbeiten verhindert hätte.
Ich verstehe unter Psychotiker einen behandlungsbedürftigen Kranken und niemand mit wirren Gedankengebäuden. Sonst wären z.B. auch alle Jihadisten, Esoteriker oder andere Spinner Psychotiker.
Attentäter... für ich er mehr ein unmenschlicher Amokläufer, etwas anderes war das Schlachten in dem Ferienlager nicht. Das schlimme neben dem Leid das er verursacht hat ist, das er wohl als Gewinner aus der Geschichte herausgehen wird, egal welche Strafe er bekommt, er hat die aufmerksamkeit bekommen die er wollte.
@Vincent: Ein Amoklauf wird in der Regel nicht jahrelang akribisch geplant...
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