Samstag, 11. August 2012

Die Macht der Gewohnheit

Es war einmal in den achziger Jahren. Wir waren wie immer sonntags in unsere neu gegründete Gemeinde gefahren.
Ich stand mit der Gitarre auf der Bühne und leitete den Lobpreis, womöglich hatte ich auch die Predigt.
Es muß ein sehr schöner Gottesdienst gewesen sein denn ich war danach noch sehr mit großer Freude an Gott erfüllt und stand auch noch am Büchertisch der Gemeinde und verkaufte ein paar Bücher während ich mich nebenbei mit einigen Leuten unterhielt.
Mein Frau war mit unseren Kindern und der Kinderstunde beschäftigt gewesen und drückte nicht aufs Tempo bei der Abfahrt nach Hause. Wir waren völlig entspannt.
Wie üblich mussten wir unseren behinderten Mitbewohner Heiko und unseren Freund Horst, der als Spastiker auf den Rollstuhl angewiesen war von der Gemeinschaft loseisen um die ganze Bagage  in unseren VW-Bus einzuladen, denn wir aßen gewöhlich sonntags nach dem Gottesdienst bei uns einen schönen Braten und spielten danach manchmal Skat, während die Kinder im Fernsehen Biene Maja gucken durften.
Alles wie üblich und völlig entspannt - ohne jede Eile - denn wir wollten den Sonntag ja so richtig genießen.

Zu hause angekommen kümmerte ich mich um die Kocherei und wir aßen gemütlich zusammen.
Eigentlich könnten wir nach dem Essen noch ein Glas Rotwein genießen, dachte ich und entkorkte die Flasche.
Während ich die ersten Schlucke genaß kam mir der Gedanke, als ob ich irgend etwas Wichtiges vergessen hätte, an das ich mich unbedigt erinnern wollte: "Hast du da nicht etwas ganz Dringendes vergessen?" fragte ich mich und kam zuerst nicht auf die Lösung. Immer wieder ging dieser Gedanke mir im Kopf herum.

Dann hatte ich auf einmal die Erleuchtung was es gewesen war: Ich hätte nach dem Gottesdienst eigentlich sofort zur Arbeit fahren müssen, denn ich hatte Spätdienst im Krankenhaus und hätte schon seit zwei Stunden dort sein müssen. Mein Chef und Stationsleiter stand nun völlig allein auf der Station - ohne seinen Schüler der Krankenpflege, der über dem üblichen sonntäglichen Ritual völlig den Blick für die Realität verloren hatte! :-) Und meine liebe Frau offenbar auch.

Ich hetzte sofort atemlos mit dem VW-Bus zum Krankenhaus und war völlig "durch den Wind".
Zum Glück war mein Chef sehr nett und warf mir mein Versäumnis nicht vor. Auch er ging völlig entspannt mit der Situation um und machte mich keinesfalls zur Sau, obwohl er mir die Geschichte nicht wirklich abnahm - lustig war sie allemal und ich brachte ihn mit meiner zerknischten Entschuldigung zum Lachen. Und wir hatten sogar ein Gespräch über den Glauben an Gott...

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Tja - wie es so schön heißt: "Nachdem wir gut getrunken und gegessen haben, können wir schwere Arbeit leichter entbehren..." (kommt mir bekannt vor...)
Matthias Sesselmann

Don Ralfo hat gesagt…

hihi...