Gott hat mit der Menschheit nicht gerade sein Meisterstück abgeliefert. Er hat gepatzt. Er hat nicht verhindern können, dass die Menschen sündig wurden, also sah Er sich gezwungen, Seinen Sohn zu opfern, um die Schuld zu tilgen. Eine Art Kredit in Blut. Welcher Vater tut so etwas leichten Herzens? Gott selber musste zu dem Schluss gelangt sein, dass Ihm die Menschheit misslungen war.
Nun ist dies ein Roman, und als solcher zu verstehen. Und doch spiegelt sich im Epilog des Buches das Bild der Gemeinde Jesu Christi, wie es die Welt heute wahrnimmt.
Das Nachrichtenmagazin FOCUS widmete die Titelgeschichte der Weihnachtsausgabe 2006 dem Thema „Was nützt Religion?” Dabei stellen die Journalisten in einem Vergleich „Das Angebot der Weltreligionen” fest, dass nach dem Tod die Protestanten „auf die Auferstehung der Toten hoffen, von Hölle ist kaum noch die Rede.” Über die Katholiken heißt es:
„Optionen: selige Gemeinschaft mit Gott im Himmel, ein vorangehender Aufenthalt im Fegefeuer oder die ewigen Qualen der Hölle.”
Was weiß der FOCUS-Vergleich sonst noch über die Christen? Zum Beispiel:
„In konservativen Gruppen wie etwa den Evangelikalen wird nicht geschlemmt.” Sex ist bei den Katholiken „prinzipiell erlaubt, aber Ehebruch ist eine Todsünde. Sex außerhalb der Ehe gilt als Unzucht, Selbstbefriedigung, gelebte Homosexualität, Verhütungsmittel sind verboten.”
Den Protestanten bescheinigt die Studie, dass “…heute die meisten größeren Kirchen Sex als Gabe Gottes anerkennen.”
Interessant ist, dass der Weltreligionsvergleich den Glauben als eine Art Club betrachtet, dem man hier oder dort beitreten kann:
„Wer einer Glaubensgemeinschaft beitreten will, sollte die Angebote auf seine persönliche Situation hin überprüfen. Heikle Punkte sind meist Speisevorschriften, der Umgang mit Sexualität und die Rolle der Frau. Wichtig ist auch, ob man die Religion als Amateur oder als Profi betreiben will. An letztere werden meist deutlich höhere Anforderungen gestellt.”
Wir können uns natürlich darüber empören, dass „die Welt” ein so schiefes und verzerrtes Gottesbild hat, so wenig beziehungsweise überhaupt nicht begreift, was das Evangelium eigentlich ist. Wir können uns kopfschüttelnd abwenden und im Kreis der Gläubigen unsere Urteile über Journalisten, Autoren, Künstler und Berichterstatter austauschen, die als Blinde die Farbe zu beschreiben sich aufmachen. Und dabei selbstverständlich scheitern.
Wir können uns jedoch auch darüber empören, dass wir „der Welt” solch ein Bild darbieten. Wer ist denn die Gemeinde, wenn nicht jeder von uns Gläubigen? Wen sehen denn die Menschen, wenn nicht uns im Alltag?
Sie sehen uns nicht im Rahmen der Gottesdienste, Hauskreise, Jugenmeetings oder wasnochalles, die besuchen sie nämlich nicht. Sie sehen uns nicht bei der stillen Andacht im Kämmerlein, da schließen wir ja sorgfältig die Türe. Sie sehen uns nicht beim Austausch von frommen Phrasen und gelehrten Gesprächen über theologische Details, das tun wir ausschließlich unter uns.
Sie sehen uns im Alltag. In ihrem Alttag, ihrem Umfeld, genau da, wo wir mit ihnen zu tun haben. Sie sehen uns, aber offenbar nicht Christus in uns und durch uns. Sonst wäre es kaum vorstellbar, dass der Glaube so missverstanden – beziehungsweise überhaupt nicht verstanden wird. Statt dessen beobachten sie solche Szenen:
„Wer Kirchensteuer zahlt, hat deshalb keinen Anspruch auf einen Platz in der ersten Kirchenbank. Das erlebten Berliner am Heiligabend, als sie vor dem überfüllten Dom abgewiesen wurden. Einige drohten prompt mit dem Kirchenaustritt. Domprediger Friedrich-Wilhelm Hünerbein musste Briefe aufgebrachter Christen beantworten, die sich beschwerten, dass sie am Heiligabend nicht in den Berliner Dom hineinkamen. Sie hätten ja wohl ein Recht darauf, am Heiligabend im Berliner Dom einen Gottesdienst zu feiern, so die Absender, schließlich würden sie Kirchensteuer zahlen. Zur Strafe würden sie jetzt austreten” (Zitat aus „Der Tagesspiegel” vom 28. Dezember 2006.)
Was haben diese Journalisten gesehen? Empörte Christen, die für ihre Kirchensteuer einmal im Jahr einen Sitzplatz verlangen. Sie haben einen Club gesehen, dessen Mitglieder eine verlangte Leistung nicht bekommen haben und daher nun den Club verlassen. Der Ruderclub hält zu wenige Boote bereit – wir gehen nicht mehr hin.
Unser Spiegelbild finden wir oft genug in den Medien und der Kunst. Schauen wir hin?
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