Wir hatten uns den Urlaub verdient. 10 Tage Gran Canaria – Sonne, Dünen, Strand und Meer. Hotel unter Palmen. All inklusive.
Unsere Mädels waren 10 Tage allein zu Haus. Sie waren ja schon Teenager und Jugendliche. Unser große Junge war schon erwachsen. Er sollte ab und zu nach dem rechten schauen und das Geld verwalten. Wir hatten ihnen genug zum Leben dagelassen und auch den Kühlschrank vorher gefüllt. Nun kamen wir nach einem anstrengenden Flug nachts um 4.00 Uhr nach Hause und wollten nur noch eins: Einen Schluck trinken und nichts als ins Bett! Doch was war das? Keine Milch, Saft oder Mineralwasser im Kühlschrank. Leere Bierkästen stapeln sich in der Essecke. Tomatenketchup am Lichtschalter. Die Mülleimer quellen über und überall stehen und liegen Plastiktüten mit Restmüll. Erst mal erschöpft in den Sessel sinken, dann geht der Blick nach oben. Der Deckenventilator hat lauter Kratzer auf den Holzflügeln. Der Blick geht nach unten: Brandflecken und Flecken undefinierbarer Flüssigkeiten auf dem Teppich.
Meine Frau fängt an zu weinen. Dann kämpft sie sich durch Dreck und Müllberge. Ihre Kommentare sind nicht druckreif.
Ich versuche ihr ein wenig zu helfen, bin aber irgendwie hilflos und unfähig angesichts der Müdigkeit und Enttäuschung. Wenigstens geht der Wasserhahn noch.
Nach einiger Zeit wird das Gezeter meiner Frau immer lauter und sie geht wutentbrannt in den 1. Stock, wo unsere Mädchen selig schlafen. Irgendwo im Haus schläft scheinbar noch ein unbekannter Freund.
Die Mädels werden aus dem Bett getrommelt und müssen mithelfen, bis alles halbwegs in Ordnung ist. Sie muffeln natürlich herum und sehen gar nichts ein. „Wir haben doch aufgeräumt, nur nicht alles geschafft“ . Ich versuche mir vorzustellen, wie desolat es _vor_ dem Aufräumen wohl ausgesehen haben muss. Das sind Abgründe, in die ich nicht zu schauen wage.
Nach einigen Stunden gehen wir endlich schlafen.
Am nächsten Tag und den darauffolgenden Tagen kommen immer wieder neue, interessante Details ans Licht. Ein neuer Feuerplatz im Rasen mit angekohlten Holzscheiten, eine tote Krähe im Garten. Müll und Dreck unter Betten und in Ecken. Beschwerden von den Nachbarn über 10 Tage dröhnende Musik aus unserem Haus und als Clou eine Telefonrechnung von über 400€.
Während wir die Sonne im Urlaub genassen, lief in unserem Haus anscheinend eine permanente Punkerfete Tag und Nacht. Außer dem hinterlassenen materiellen Chaos blieben aber auch noch einige der neuen Punker-Freunde zurück, die leider keine andere Bleibe hatten, weil sie aus teils aus ihren Wohnungen geschmissen worden waren, und sonst auf der Strasse hätten leben müssen.
Ich weiß nicht mehr genau wie es die Mädchen geschafft haben, aber sie haben sehr auf die Tränendrüsen gedrückt und uns mit unerlaubter psychischer Gewalt bedrängt, dass die neuen Punkerfreunde erst mal für ein paar Tage, dann für ein paar Wochen bleiben konnten.
Seitdem bin ich der festen Überzeugung, dass es keine schlimmere Plage auf der Welt gibt als pubertierende Mädchen!
Sie sind egoistisch, hinterlistig, gemein und nervenzerfetzend.
Gott sei Dank waren ihre Punkerfreunde nicht ganz so nervenaufreibend wie die Mädchen selbst. Nachdem sie hoch und heilig beteuert hatten, nichts mit der 400€ Telefonrechnung zu tun zu haben, fanden wir heraus, dass einer der vielen Partyteilnehmer am PC Pornoseiten im Internet aufgerufen hatte, die eine sauteure Einwahlgebühr hatten. Den entsprechenden Dialer (Einwahlprogramme) hatte ich in der Taskleiste ziemlich schnell entdeckt. Nun wurde der Urheber von meinen „Hauspunkern“ gejagt und zur Rede gestellt. Obwohl unter dringendem Tatverdacht, gab er überhaupt nichts zu. Da war überhaupt nichts zu holen, so dass wir erst mal auf den 400€ sitzen blieben. Hoschi, der Freund von meiner Simi, schwor zwar feierlich, die 400€ irgendwie aufzutreiben und dann höchstpersönlich selber zu zahlen, aber er war leider völlig mittellos und arbeitslos. Außerdem hatte er noch nicht mal einen Personalausweis und jede Form von Gesellenbrief oder Zeugnissen verbaselt, so dass auch kein Job in Sicht war.
Einer der 3 verbliebenen Partygäste, ein Punker namens Muschi, fand glücklicherweise nach einiger Zeit eine neue Bleibe, so dass „nur noch“ zwei Typen übrigblieben, die sich in den Zimmern der Mädchen häuslich eingerichtet hatten.
Frag bitte nicht, warum wir sie nicht achtkantig und sofort vor die Tür gesetzt haben. Wir hätten es gerne gewollt, haben es aber aus verschiedenen Gründen nicht übers Herz gebracht. Der Hauptgrund war vielleicht, dass wir keinen Bock auf weitere Suizidversuche unserer Mädchen hatten.
So hatten wir über nacht einen deutlichen Zuwachs an Menschen in unserer Familie, mit denen wir in den kommenden Jahren auch noch so einiges erlebten. Lustiges, Stressiges und Furchtbares. Hier gibts dazu ein Kurzviedeo!
3 Kommentare:
wie kann man nur eine solche engelsgeduld haben? beneidenswert. das muss gnade gewesen sein. ich hätte die kameraden hochkant rausgeworfen und den mädels eine ansch... verpasst das es raucht.
@nick: Den Anschiß haben sie schon des Öfteren bekommen! ;-))
Aber es hat nicht viel genutzt. Die Zeit war für uns oft sehr belastend, hat aber auch viel Gutes gehabt. Z.B. einen Zugang zum Denken und Fühlen der Punkerszene zu bekommen, den man aus der Entfernung nie bekommen könnte. Außerdem haben sie bei der Renovierung unseres Hauses tatkräftig mitgearbeitet. :-))
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