Dienstag, 8. Januar 2008

Der Jasager und der Neinsager

Es fiel mir schon immer schwer „Nein“ zu sagen. Als Kind hatte mein bester Freund mal die Idee, dass ich in eine leere Mülltonne kriechen sollte, was ich auch tat. Wenn dann andere Kinder vorbeikamen sagte er denen, dass da jemand in der Tonne sei. Das glaubte natürlich niemand. Also klopfte er mit dem Fuß auf die Mülltonne und sagte: “Komm raus“.
Worauf ich von innen den Deckel hochklappte, auftauchte und „Bauer“ rief. Ich hielt das damals für eine glänzende Idee. Meine Mutter war nicht so überzeugt davon und gab mir eine Tracht Prügel mit dem Handfeger, weil ich bestialisch nach Müll stank und sie meine Klamotten waschen musste.
Das Argument meiner Mutter war kaum zu widerlegen: „Und wenn Dein Freund sagt, dass Du von einer Brücke springen sollst, dann springst Du auch runter?“

Später ergriff ich dann einen helfenden Beruf. Ich pflegte Schwerbehinderte und Kranke. Das brachte mir auch sehr viel Erfüllung und machte mir Spaß.
Wenn Dich ein Behinderter bittet, ihn auf die Toilette zu bringen oder ein Kranker eine Schmerztablette braucht, kann man allerdings nicht „Nein“ sagen, ohne sich sehr schuftig dabei zu fühlen.
Irgendwann in meinem Leben fiel mir auf, dass ich ein echtes Problem mit dem „Neinsagen“ hatte. Ich war ein gutmütiger Kerl und mochte niemanden enttäuschen. Ich wollte Jedem gefallen.
Deshalb sagte ich sehr oft Ja obwohl ich innerlich eigentlich Nein meinte. Wenn ich dann bei dem versprochenen Umzug mitmachte oder Aufgaben in meiner Kirchengemeinde übernahm, grollte ich oft innerlich, weil ich das Gefühl hatte ausgenutzt zu werden. Das gleiche Gefühl hatte ich auch oft bei der Arbeit mit Kranken und Behinderten Menschen.
In der Bibel las ich folgende Verse: Math. 5,37 Es sei aber eure Rede: Ja, ja!, nein
Nein! Was aber darüber hinausgeht, ist vom Bösen.
Ich begriff irgendwann, dass Gott von mir erwartete, auch mal ein klares Nein zu sagen und dazu zu stehen.
Man muss als Christ nicht everybody’s Darling sein und Jedem gefallen. Man muss auch lernen, sich abzugrenzen. Eine schwere Lektion.
Es ist leicht zu Allem nein zu sagen und ein Rebell und Systemkritiker zu sein. Das war ich auch eine lange Zeit als Drogenfreak und Hippie.
Ich war einfach gegen Alles. Gegen das Establishment, die Politiker, die Bürger und Spießer mit ihren Festen und Feiern. Ich war gegen die Kirche und gegen Weihnachten und vor allen Dingen gegen deutschen Schlager und Popmusik.
Das war aber nicht schwer, denn meine Freunde der damaligen Zeit dachten ja genauso wie ich. Aber wehe wenn ich mich bei meinen damaligen Freunden als CDU-Wähler oder Schlagerfan und Drogenkritiker geoutet hätte!
Ich war zwar ein Rebell gegen die „normale“ Gesellschaft aber dafür absolut konform mit meiner Subkultur. Kein Rückgrat. Keine eigene Meinung. Kein Charakter.
Vor kurzem sah ich mal wieder den Film „Forrest Gump“. In diesem Film muss der geistig zurückgebliebene Held sich auch überall „einreihen“ und mitmarschieren: In der Schule, auf dem College, im Footballteam, bei der Armee in Vietnam und schließlich bei einer Großdemo der Kriegsgegner. Jeder erwartet, dass Du im Gleichschritt mitmarschierst, egal wo Du Dich befindest.
Ansonsten wirst Du schnell zum Quertreiber und Außenseiter ernannt und von Deiner jeweiligen Gruppierung gern gemobbt.
Nein zu sagen erfordert Charakter! Und den erwartet Gott von uns als Christen.
Aber er als unser Vater hilft uns auch dabei diesen Charakter zu entwickeln. Und das geschieht nicht von heute auf morgen, sondern ist ein lebenslanger Lernprozess.
Aber es tut sehr gut, in diesem Lernprozess zu sein. Man nennt es auch: Erwachsen werden.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

guter post. Es gibt Situationen im Leben, wo man eine klare Haltung beziehen muss, da gibt es kein wenn und aber. Wer da nein/ja sagt obwohl er das Gegenteil meint verliert sein Leben.